Wenn ich den ersten Teil der Reise 2012 mit den zurückliegenden fünf Wochen vergleiche, dann kommt mir das damals fast wie ein Tagesausflug nach Südtirol zum Kaffeetrinken vor.
Diesmal ging es wirklich ans Eingemachte, da war teilweise Schluss mit lustig. Joe und ich wurden sowohl mental wie körperlich voll gefordert. Doch bis auf ganz wenige Augenblicke haben wir nie die Ruhe verloren und waren ein tolles Team.
Natürlich will ich hier nicht die ganzen Ereignisse der ersten Woche in Kirgistan erneut aufwärmen. Wir wurden von Anfang an von einer unheimlichen Pechsträhne verfolgt, die schließlich in dem Tag an der chinesischen Grenze mit den beiden Löchern ihren Höhepunkt fand. Seit ich auf einem Bike sitze, war ich noch nie so down – und plötzlich erschien mir meine Leitsatz „Irgendwie geht es immer weiter“ nur noch pure Ironie. Ich dachte damals nur noch, das kanns doch alles nicht geben, was haben wir verbrochen – aber es ging auch da weiter.
Diese Woche hat uns viel, schon zu Beginn der Reise fast zu viel Energie gekostet, wir hatten praktisch überhaupt keine Ruhephasen.
Zum großen Glück liefen die Bikes dann in Tibet plötzlich wie geschmiert. Wäre all das, was wir in Kirgistan an Pannen durchgemacht haben, in der Höhe von Tibet passiert, ich glaube, das wäre nie gut gegangen.
Tibet im Oktober ist für Biker ein unwahrscheinlich hartes Land. Die Kälte (Rekord auf dem Bike war – 18 Grad) und die Höhe machen dir ständig zu schaffen. Ich fand eigentlich nachts nie richtig erholsamen Schlaf, eine Regeneration war so gut wie unmöglich. Doch einen großen Vorteil hatte der Oktober – bis auf zwei Tage hatten wir immer Sonnenschein pur, was in den regnerischen aber warmen Sommermonaten ganz anders ist.
Die Strecke durch das tibetische Hochland bis Lhasa führte uns immer am Himalaya-Hauptkamm entlang, der südlich unserer Route lag und meist nicht zu sehen war. Fast waren wir ein bisschen enttäuscht, denn die großen Gipfel, die wir naiverweise erwartet hatten, blieben bis auf den heiligen Berg der Tibeter, den Mt. Kailash, lange aus.
Entschädigt wurden wir freilich auf dem Friendship-Highway, der uns direkt durch den Hauptkamm von Lhasa nach Kahtmandu führte und auf dem uns die 8000er nur so zu Füssen lagen. Alles überragt vom Everest, der sich nicht umsonst König der Berge nennt. Ich werde seinen ersten Anblick aus fast 100 km Entfernung nie im Leben vergessen, ich wusste sofort, das ist er.
Schließlich noch ein Wort zu den Tibetern selbst und ihren Besatzern, den Chinesen. Die tibetische Bevölkerung lebt im Hochland unter unvorstellbaren harten Lebensbedingungen in großer Armut. Ich habe noch nie ein derart religiöses Volk gesehen, das seine ganze Hoffnung anscheinend auf den Glauben und ihren Dalai Lama setzt. Es ist erschütternd zu sehen, wie herablassend und erniedrigend dieses Volk von den Chinesen behandelt wird. Alles Geld, z. b: Eintrittsgeld bei Sehenswürdigkeiten, wird von Chinesen kassiert. Hauptziel der Chinesen scheint es zu sein, aus jedem Ausländer soviel Geld wie nur irgend möglich heraus zu holen. Dies gilt auch für unseren Reiseveranstalter (darüber folgt noch ein extra Artikel). Joe meinte mal, wie sich die ganzen deutschen Firmen nur mit diesen unzuverlässigen und derart profitgierigen Menschen einlassen können. Fast kein Tibeter traut sich irgendwas gegen China zu sagen, anscheinend wird alles überwacht und bespitzelt. Tibet kann man nur bemitleiden, denn wer die Chinesen und ihre absolut arrogante Art kennen gelernt hat, weiß, dass Tibet keine Chance hat, außer …..
Wir haben unser Ziel, den Everest und Kathmandu mit einem Jahr Verspätung erreicht. Die vergangenen fünf Wochen waren wahrscheinlich die anstrengendsten und ereignisreichsten in unserem Leben. Aber sind es nicht solche Erlebnisse, solche Abenteuer, die das Salz in unserer Einheitssuppe ausmachen, die uns den Nullpunkt wieder neu einstellen und zeigen, was im Leben wichtig ist?
1 Comment
Sanne · 11. November 2013 at 01:41
Hallo ihr beiden,
schön, dass ihr ohne größere Schäden an Mann und Maschine wieder in D seid. Wir für unseren Teil sind wegen unserer eigenen Erfahrumgen noch sehr gespannt auf Deinen Artikel über den Reiseveranstalter :-)
Liebe Grüße aus Thailand!
Sanne +Thomas